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íslenska

Das Sonnenkreuz

Das Sonnenkreuz
Author
Óttar Martin Norðfjörð
Publisher
Aufbau
Place
Berlin
Year
2011
Category
German translations


The book Sólarkrossinn in German translation. Publisher: Atb.



Translation by Richard Kölbl. The book was also published in paperback.



From the bookcover:



Reykjavík zur Frühjahrstagundnachtgleiche: Die Doktorandin Embla wird von der Kripo ins Haus ihres Professors gerufen. Der Archäologe ist verschwunden, und alle Spuren deuten auf ein Blutbad hin. Ein Opfer für Odin, den obersten heidnischen Gott? Embla befürchtet, dass noch am selben Tag weitere Ritualmorde geschehen, um einen alten Wikingerbund aufleben zu lassen – den Sonnenkreuzorden. Eine fieberhafte Suche beginnt. 



From the book:



Auf den ersten Blick erinnerte Baldurs Wohnung an ein Museum. Schon im Flur fielen Embla verschiedene Originalgegenstände aus der Wikingerzeit auf. Sie wusste, dass Baldur während Islands Aufstieg zur Finanzmacht mit Aktiengeschhäften gut verdient hatte. Sein Vermögen erlaubte es ihm, sich als Privatier ausschließlich seinen archäologischen Unter suchungen zu widmen.



Unter den Sammlerstücken waren Kämme, Spangen und Broschen aus der Wikingerzeit. Außerdem hatte Baldur eine riesige Karte von Island an der Wohnzimmerwand aufgehängt und in den Südwesten des Landes drei große Kreise mit einem Kreuz in der Mitte eingezeichnet. Embla wusste sofort, warum: Die Kreise waren das Herzstück in Baldurs Theorie über die isländischen Landnehmer. Etwas tiefer hing ein historisches Wikingerschwert, dessen Spitze genau auf eine große Blutlache zeigte.



»Großer Gott«, murmelte Embla und schloss die Augen. Das fing ja gut an. »Baldur?«, flüsterte sie.



»Nein, dort hat seine Haushaltshilfe gelegen. Sie hat erst einen Schlag auf den Kopf bekommen und wurde anschließend ... erwürgt«, antwortete Hörður mit bewegeter Stimme. »Als wir kamen, war sie bereits tot.«



Emblas Herz raste. Schweiß trat ihr auf die Stirn. Sie rang nach Atem, ihr Hals schnürte sich zu. An diese düstere Seite des isländischen Alltags war sie nicht gewöhnt.



Hörður merkte, dass Embla schlecht geworden war. Er konnte es ihr nachfühlen, da er selbst auch lange gebraucht hatte, bis er sich daran gewöhnt hatte, nach einem Arbeitstag wie diesem einfach zu Frau und Kind nach Hause zu kommen. »Es tut mir leid, dass ich dich hier herbringe, aber wir brauchen dringend deine Hilfe. Ohne dich können wir hier wenig ausrichten. Versuch noch etwas durchzuhalten.«



Embla biss die Zähne zusammen und öffnete die Augen.



»Komm«, forderte Hörður sie auf.



Sie gingen an der dunklen Blutlache und der Küche vorbei, weiter den Flu rentlang.



Der Rest von Baldurs Wohnung war im gleichen Stil ausgestattet. Es gab Statuen und geographische Karten von Island, Dänemark, England und weiteren Ländern. In alle Karten hatte er seltsame Kreise eingezeichnet, die jeweils ein großes Gebiet umfassten und von zwei Strichen gekreuzt wurden. Schließlich erreichten sie Grímur, der von einer riesigen aus Holz geschnitzten Tür stand.



»Baldurs Arbeitszimmer«, sagte Grímur gedämpft.



Die Zeichen auf dem Türblatt überraschten Embla nicht, denn sie wusste, womit sich Baldur seit seiner Kinderzeit beschäftigt hatte. Ein Drache, zweifellos Fáfnir, war in das Holz geschnitzt worden. Er war zu einem Kreis gebogen und hielt seinen eigenen Schweif zwischen den Zähnen; ein in der Wikingerkunst häufiges Motiv. An der Stelle, an der sich Fáfnir selbst in den Schwanz biss, waren drei lose verstreute Runen eingeschnitzt und daneben war ein einäugiger Mann mit einem Armreif abgebildet. Zweifellos Óðinn mit seinem Silberreif Draupnir. Innerhalb des von Fáfnir gebildeten Rings hatte Baldur eine Runeninschrift einritzen lassen. Einige Buchstaben fehlten, wie es bei echten Runensteinen der Fall ist, die nach jahrhundertelanger Verwitterung oft nur schwer lesbar sind.



Embla legte ihre feingliedrigen Finger auf die Schnitzereien und zeichnete die alten Schrifzeichen der Wikinger nach.



»Verstehst du das?«, fragte Hörður.



»Ja.« Embla spielte mit einem ihrer Ohrringe. »Das ist eine Runeninschrift für Lachs-Ketill, den ersten Landnehmer in Rangárvallasýsla. Sie wurde von seinem Sohn verfasst. Ich habe sie allerdings bisher noch nie gesehen.« Sie sah die beiden abwechselnd an. »In Island wurde bislang noch keine Runeninschrift aus der Wikingerzeit entdeckt.«



»Du glaubst doch nicht, dass diese Runun auf einer echten Runeninschrift beruhen?«, fragte Grímur trocken und legte die Hand auf den dunklen Türknauf. »Du weißt doch, dass Baldur zu allem bereit war, nur um zu beweisen, dass er recht hatte mit seiner Theorie über die Herkunft der Isländer. Sogar zu Fälschungen«, fügte er hinzu. Offenbar hielt er von den Hypothesen seines Bruders ebenso wenig wie viele von dessen Kollegen. »Außerdam wartet da drin noch etwas viel Wichtigeres auf uns als die Entzifferung irgendwelcher Runen. Bist du bereit?«, fragte Grímur.



»Keine Sorge.« murmelte Embla. »Möchte ishc sehen, was sich da auf der anderen Seite der Tür befindet?«



»Keine Sorge.«, Grímur räusperte sich. »Baldur ist nicht im Arbeitszimmer.« Daraufhin öffnete der Kriminalhauptkommissar die dunkelbraune Tür. Sie quietschte laut in ihren Angeln. Ein süßlicher Tabakgeruch kam Embla aus dem Arbeitszimmer entgegen.



Ihr Herz setzte für einen Moment aus. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Trotzdem wusste sie sofort ganz genau, was sie vor sich hatte. »Mein Gott«, flüsterte sie erschüttert.



»Verstehst du jetzt, weswegen wir deine Hilfe benötigen?«, fragte Grímur und betrat als erster Baldurs blutbespritztes Arbeitszimmer.



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