Publisher: Allinti verlag.
The novel Sónata fyrir svefninn, translated to German by Betty Wahl.
About the book:
Eine junge Frau kommt in eine unbekannte, namenlose Kleinstadt, in der Tasche nichts als einen Zettel mit einer Adresse und einen Haustür-schlüssel, und landet in der Dachwohnung eines geheimnisvollen alten Hauses. Sie ist auf der Suche nach ihrem verschwundenen Liebhaber, der die Träume anderer Menschen beeinflussen kann und taucht dabei in eine Welt ein, in der nicht dieselben Regeln gelten, wie in unserer...
From the book:
Im morgengrauen, die Stadt lag noch im Tiefschlaf, brachte sie den Brief zur Bäckerei. Einen Briefkasten konnte sie nirgends entdecken, also klemmte sie den Umschlag, den sie »An den, der Bescheid weiß« adressiert hatte, kurzerhand zwischen Rahmen und Tür. Sollte sich ihre Vermutung bestätigen, dann würde der Brief früher oder später dem Richtigen in die Hände fallen, und wenn nicht, spielte es keine Rolle, und er würde zumindest keinen Schaden anrichten.
Danach ging sie nach Hause, legte sich aufs Sofa und wartete, während sie mit ihren Kätzchen im Arm vor sich hindöste. Schließlich stand sie wieder auf und verließ noch einmal die Wohnung.
Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen, äugte um die Straßenecke und warf einen Blick zur Bäckerei hinüber. Der Umschlag war verschwunden. Darauf lief sie die Mandelgasse hinunter, und als das Ende der Straße in Sicht kam, verlangsamte sie ihren Schritt. Sie sehnte sich nach einem Kaffe und einer Zimtschnecke, beschloss aber, für diesmal auf das Gebäck zu verzichten und sich stattdessen etwas anderes zu gönnen.
An der Ecke bog sie in die nächste Seitenstraße ein, dort, wo sie das Geschäft mit den Nachtmoden entdeckt hatte. Zu ihrer Erleichterung hing das Nachtgewand nach wie vor im Fenster, es war also in der Zwischenzeit nicht verkauft worden.
»Na, so eine überraschung – da bist du ja wieder!«, rief die Frau, als sie Ivana herinkommen sah.
»Hallo!«
Wie beim letzten Mal saß sie neben dem Gamälde, den Vogelkäfig auf dem Tischchen daneben.
»Hallo!«, tönte ein schrilles Krächzen.
Ivana lief schnurstracks zu dem Gewand hinüber und strich mit den Fingerspitzen ehrfürchtig über den Stoff.
»Ich weiß«, sagte die Frau, die jetzt hinter ihr stand. »Es ist einfach himmlisch.«
»Ja«, seufzte Ivana. »Ich habe sogar schon von ihm geträumt.«
»Das kann ich verstehen. Es ist ein gutes Zeichen, wenn man traumen kann. Ich selbst habe auch immer viele schöne Träume.«
Ivana zeigte auf das Kleid. »Darf ich es anprobieren?«
»Aber selbstverständlich«, sagte die Frau und klatschte in die Hände. »Nimm es dir einfach herunter, die Kabine ist dort hinten.«
Ivana streckte sie nach dem Kleiderbügel und nahm das Kleid vom Haken, verschwand damit hinter dem Vorhang und knöpfte ihr Hemd auf. Dann schlüpfte sie vorschigtig hinein.
Es war genau ihre Größ und passte außerdem perfekt zu ihrem Rock. Sie streichelte den tiefblauen Stoff und drehte sich eine Weile bewundernd vor dem Spiegel hin und her. Dann vertauschte sie es weider gegen ihre eigenen Kleider.
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