The novel Ég um mig frá mér til mín, translated by Benedikt Grabinski.
Includes an afterword by Pétur Gunnarsson, entitled Das Buch mit dem langen Titel.
About the book:
Reykjavík Mitte der 1960er jahre. Der junge Andri kommt von einem Aufenthalt auf dem Land in die Stadt zurück und muß sich neu einleben; Mutter und Schwester sind in einen modernen Wohnblock gezogen, er geht in eine andere Schule und findet sich in einem unbekannt Umfeld wieder. Und dazu beginnt auch noch seine Pubertät, er leidet unter Erröten, bekommt Pickel, und sein Interesse am anderen Geschlecht nimmt ungehnte Ausmaße an. Wilde Jahre zwischen Zigaretten- und Alkoholunst, Schule und Straße, Stadt und Land - zum Soundtrack der Beatles.
From the book:
In den Pausen liefen sie zum Lebensmittelladen Kostakjör und stopften Vínarbrauð und Milch in sich hinein. Das »Kümmer dich selbst um dein Zeug«-Modell war gerade dabei sich durchzusetzen: Bezahlen an der Kasse. Die Atmosphäre erinnerte an Westernkneipen, jeden Augenblick mußte man damit rechnen, daß irgend jemand einen Revolver hervorzöge und ein Schußwechsel begänne. Alle waren schon darauf vorbereitet, abzudrücken oder sich flach auf den Boden zu schmeißen.
Neben dem Kostakjör war ein Eisladen. Das Mädchen, das bediente, schloß sich zu den Schulpausen immer ein. Wenn sich ein gewöhnlicher Kunde näherte, war sie genötigt zu öffnen, und schon zwängte sich der Mob hinein. Alles wie gehabt: Sie nahmen Úlfur und steckten ihn durch die Luke. Úlfur war so herausragend, daß es absolut ideal war, ihn zum Spieball all ihrer Albernheiten zu machen. Das Mädchen hatte schon längst aufgegeben und rief nun die Polizei. Der Form halber versuchten sie und Úlfur zu entkommen, sahen sich aber einer Übermacht gegenüber. »Diese Eisdiele ist zu klein für euch alle.«
Mitten hinein platzte Vilhjálmur von Skálholt, die Fleischwerdung des isländischen Dichtersäufers. Es war, als wären alle erleichtert, nun jemanden zu haben, der es wagte, Grenzen zu überschreiten und das Leben beim Namen zu nennen.
»Oh, ihr Jugendscharen!« rief er mit einer dramatischen Handbewegung und bestellte Eis für die Gruppe.
Als das Mädchen nicht darauf einging, schaufelte er Geldscheine aus seinen Taschen, mehrere Handvoll, und lud sie auf die Theke.
»Welche Soße?« fragte das Mädchen skeptisch.
»Preiselbeere.«
»Gibt's nicht.«
»Wacholder.«
»Leider. Wir haben nur Erdbeere, Schokolade und Ananas mit Schuß.«
»Was für ein Schuß?« fragte der Dichter neugierig.
In diesem Augenblick erschien die Polizei und interessierte sich mehr für den Dichter als für den Mob. Seit wann haben isländische Dichter die Taschen voller Geld?
»Islands erwachsene Söhne!« rief Vilhjálmur und versuchte die Polizisten in die Eisgruppe einzugliedern.
die Polizei hatte sich schon mit ihm auf den Weg gegmacht, als jemand darauf hinwies, daß er jüngst einen Kunstpreis erhalten habe, ob er für sein Geld kein Eis kaufen dürfe, sind wir vielleicht in der Sowjetunion?
Der Dichter bestand darauf, daß auch die Polizei Eis bekäme, und fragte voller Eifer: »Welcher Geschmack? Mit Waffel?«
»Mit Waffe«, sagte einer.
»Und Schuß«, fügte ein anderer hinzu, und die Polizei begann die Eisdiele zu räumen. Der Dichter und die Eisprinzessin blieben allein zurück und versuchten vereint auf den Geschmack zu kommen.
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